Rückblick auf das Agilityjahr 2004

Mit der vorerst letzten wirklichen Deutschen Meisterschaft in Dossenheim ist die Saison 2004 zu Ende gegangen. Ab 2005 haben wir dann eine Quoten-Meisterschaft. Nicht sportliche Kriterien entscheiden über die Teilnahme, sondern etwas, was völlig außerhalb des Einflußbereichs eines Sportlers liegt, nämlich die Agility-Population auf den Turnieren der jeweiligen Verbände. Ebenso hätte man die Quoten nach Postleitzahlen, Hunderassen, Geschlecht oder Alterstruktur der Sportler festlegen können. Eine mit dem gesunden Menschenverstand nicht nachzuvollziehende Regelung zur Reduzierung der Starterfelder. Es ist etwa damit vergleichbar, als würde der Deutsche Schwimmverband für die Teilnahme an der Deutschen Meisterschaft folgende Regelung erlassen:

"... die Startplätze werden anhand der Badegaststatistik (offizielle Öffnungszeiten während der von den örtlichen Ordnungsämtern genehmigten Badesaison) der Bundesländer des jeweiligen Vorjahres (2004) prozentual auf die Landesverbände des Deutschen Schwimmverbandes (Club/ Verein/Verband) verteilt..."

Derartiges wird dann noch durch weitere Zwangsregelungen im DHV untermauert, indem der Weg zu dieser Quoten-Meisterschaft nur über die sog. DHV-DM führt. Die Drohgebärde gegenüber Vereinen ist - sie trifft aber nur die Sportler - gibt es keine sog. DHV-DM weil sich wieder kein Veranstalter findet, werden auch keine Sportler vom DHV zur Quoten-DM entsandt. Abgesehen davon, was heißt hier entsandt? Wer entsendet zahlt! Einzig die Meldegebühr entfällt für die Teams. Alle weiteren, ungleich höheren Kosten trägt der Sportler ja selber. Was hat außerdem eine DHV-Verbandsmeisterschaft mit einer Deutschen Meisterschaft zu tun? Nichts! Dieser Zusammenhang ist lediglich konstruiert um Druck ausüben zu können.

Natürlich ist es viel schwieriger über die Gründe nachzudenken warum sich kein Veranstalter findet, zumal wenn die eigene Verhaltensweise wohl daran maßgeblich beteiligt ist, als Verordnungen zu erlassen.

Diese und andere Zwangsmaßnahmen dienen nur dazu, um eine einmal erlassene Regelung die weder keiner versteht noch irgendwo Akzeptanz findet, trotzdem durchzusetzen, wie z. B. Jumping nach Klassen, nur ein Lauf für Senioren, etc. Das alles erinnern mich sehr stark an das Gebaren der Führung im ehemaligen Arbeiter- und Bauernparadies, die auch durch flankierende Maßnahmen ihre Bevölkerung zu Wohlverhalten zwang. War Pappi nicht in der Partei oder ist unliebsam aufgefallen, war der Ausbildungsweg der Kindern gefährdet. War aber gar jemand aus der Familie republikflüchtig, konnten die Kinder Lehrstelle oder Studienplatz vergessen. Über derartige indirekte Repressalien behielt man weiter die Kontrolle über das Volk in der Hand. Die Führung ist aber der Wirklichkeit immer weiter entrückt. Wie so etwas ausgehen kann, hat die Geschichte gezeigt.

Wer glaubt, daß das im Agility beim VDH jetzt erst etwas Neues sei, erinnere sich an die Androhungen von Sperren für Teilnehmer im Vorfeld des ersten European Open oder der Mischlings-WM.

Ich habe die Hoffnung, daß die Mehrzahl der Sportler die Konsequenz aus dieser in sportlicher Hinsicht völlig wertlosen Quoten-DM ziehen und ihr einfach fernbleiben, auch wenn sie zufälligerweise die Voraussetzungen dafür erfüllen.

Natürlich könnte die Agility-Kommission daraufhin auch nachlegen. Ich sehe schon einen neuen Passus im WM-Qualifikations-Reglement: "Die Teilnahme an der WM-Qualifikation ist auf die Teilnehmer an der VDH-DM begrenzt". Das wäre dann aber nun wirklich der Gipfel der Unsportlichkeit, man kann aber auch schon sagen Dummheit und somit ein Fall für die jungen, kräftigen Männer in den weißen Kitteln. Normaler Weise würde man so etwas für unmöglich halten. Das Traurige aber dabei ist, daß es derzeit wahrscheinlich niemand gibt, der darauf eine Wette eingehen würde.

Es ist für mich eine niederschmetternde Erkenntnis festzustellen, daß diejenigen, deren eigentliche Aufgabe ist unseren Sport zu fördern, offensichtlich alle Entscheidungen von persönlichen oder vermeintlich verbandsorientierten Motiven abhängig machen. Das alles dient weder dem Sport noch den Sportlern.

Es gab aber auch Erfreuliches in diesem Jahr. Bleiben wir beim Reglement. Für die Qualifikation zur Agility-WM haben wir für 2005 - natürlich wieder - ein neues Reglement. Nach den Verschlimmbesserungen seit 2001 mit dem absoluten Tiefpunkt in 2004 jetzt allerdings ein großer Schritt in die richtige Richtung. Nicht allein nur Durchkommen wird belohnt, sondern auch Platzierungen in den Einzeldisziplinen schlagen zu Buche. Weiterhin sollen die Standardzeiten auf ein WM-vergleichbares Niveau angezogen werden. Letzteres war mehr als überfällig.

Die WM in Montechiari hat deutlich gezeigt, wo wir mittlerer Weile international im Agility-Sport stehen. Nur ganz wenige Teams unserer WM-Mannschaft waren vom Potential her in der Lage da überhaupt mitzuhalten, geschweige denn eine Titelchance zu haben. In anderen Sportarten mag es ja der Fall sein, daß es keine Besseren gibt, da hilft auch kein noch so ausgeklügeltes Reglement weiter. Da hinkt man, oder läuft und springt dann eben hinterher. So müßte es aber bei uns im Agility nicht sein.

Wir haben durchaus Teams, die nicht nur vom Potential her sondern auch in der Umsetzung internationale Spitze darstellen. Was ihnen offenbar zu fehlen scheint ist, mit hohem Wettbewerbsdruck umgehen zu können. Das scheint ein generelles Manko bei uns zu sein, auch bedingt durch die Kleinstaaterei der Vielzahl von Agility-betreibenden Verbänden im VDH. Die Zahl der sog. großen Turniere mit Qualität und Quantität kann man an einer Hand abzählen, wenn überhaupt. Wie soll ein Sportler wettbewerbsstreß-resistent werden, wenn er, was bei uns in Deutschland bei den meisten Turnieren der Fall ist, gegen 10 bis 20 Wettbewerber in der höchsten Leistungsklasse A3-Large antritt, und das noch bei häufig gestellten 'Rundumsorglos-Parcours' mit sehr auskömmlichen Standardzeiten.

Zu den erfreulichen Dingen in diesem Jahr gehörte natürlich auch wieder die glänzend besetzte swhv-AJO-Tour. Die Anziehungskraft dieser Hallenturnierserie, bestehend aus fünf Turnieren während der Winterzeit, ist ungebrochen. Immer so etwa 60 Starter in der Leistungsklasse A3-Large, darunter Spitzenteams aus dem In- und Ausland.

Der absolute Höhepunkt in diesem Jahr war jedoch der dritte European Open in Böbingen, ausgerichtet vom HSV Böbingen und HC Gmünd und unterstützt durch Helfer von anderen Vereinen. Insgesamt über 500 Starter aus 18 Nationen, davon allein fast 300 Teams in der Kategorie Large. Das Starterfeld war gespickt mit einer Vielzahl von WM-Teilnehmern. Daß auch solche immensen Starterzahlen von der Unterbringung, der leiblichen Versorgung und Ablauforganisation her reibungsfrei zu bewältigen sind, wurde bei dieser Zweitages-Veranstaltung nachdrücklich bewiesen.

Aus nationaler Sicht präsentierte sich Deutschland bei dieser Agility-Großveranstaltung als Gastgeber für etwa 300 Teams aus dem Ausland. Dies war aber weder unseren Offiziellen noch der einzigen Zeitschrift in Deutschland die vorgibt sich mit Agility zu befassen, sie nennt sich 'Agility-Welt', bzw. jetzt 'Agility And More', überhaupt einer Erwähnung wert. Da mag sich jeder seinen Teil dazu denken.

Der European Open, im Jahr 2002 ins Leben gerufen, erfreut sich steigender Beliebtheit und hat andere, ähnliche landesübergreifende Turniere hinter sich gelassen. Wer die höchste sportliche Herausforderung abseits der WM sucht, kommt am EO keinesfalls vorbei. Nächstes Jahr werden ihn die Schweizer ausrichten und wie ich das Turniergeschehen dort kennengelernt habe, darf man sicherlich mit hohen Erwartungen nach Dielsdorf fahren.

Noch in frischer Erinnerung ist die fünfte VDH-DM, durchgeführt in Dossenheim, von der dortigen SV Ortsgruppe. Nachdem 2004 in Thalfang bereits schon so etwa 300 Teams am Start waren, versammelte sich dieses Jahr auch wieder so etwa die gleiche Zahl, zumindest was die Kategorie Large betraf, auch wieder so um die 150 Teams. In den Kategorien Small und Medium mögen es sogar noch mehr Starter als im letzten Jahr gewesen sein. Eine Top-Veranstaltung, die vielen als die letzte wirkliche Deutsche Meisterschaft in guter Erinnerung bleiben wird, aber auch als das große Favoriten-Sterben. Es war dramatisch mit ansehen zu müssen, wie am zweiten Tag beim Jumping mit Fortschreiten der Startfolge die Nerven mancher Hundeführer versagten und sie an Stellen ins Dis liefen, die sie sicherlich im Training ohne Begehung und großes Nachdenken aus dem Stegreif bewältigt hätten.

Leider verabschiedet sich nun VDH-DM durch die Umgestaltung zu einer Quoten-DM damit auch von den wenigen Turnieren mit hoher Qualität und Quantität.

Die 'Grantigen'

Die Entwicklung aller Hunde von den 'Grantigen' machte im Verlauf der Saison 2003 berechtigte Hoffnung auf eine weitere Steigerung im Jahr 2004. Es begann auch recht vielversprechend. Florian wurde Gesamtsieger mit Lass bei der AJO-Tour, Sylvia gewann bei einem Riesenhallenturnier in Frankreich, u.a. gegen aktuelle französische WM-Teilnehmer, alles was es überhaupt zu gewinnen gab, ähnliches tat Andrea mit Hope in der Schweiz in Laufen und Diddl sammelte Platzierungen.

Trotz dieses erfreulichen Saisonbeginns verliefen die WM-Qualifikationen dagegen ernüchternd für uns. Lediglich Susanne mit Hank war in der Lage, sich bei diesem auf reines Durchkommen getrimmten Reglements zu qualifizieren, und zwar als Gesamtzweite. Im letzten Jumping lief sie ein Dis, sonst wäre sie Gesamterste geworden. Hervorragende Platzierungen von Sylvia, Andrea, Florian und Günter in den einzelnen Läufen wurden dagegen durch Dis im jeweiligen anderen Lauf wieder kompensiert.

Die Gründe? "Erst hatten wir im A-Lauf kein Glück und dann kam im Jumping noch Pech dazu" scheidet natürlich aus. Sicherlich ein Mixtum compositum unterschiedlichster Ursachen in individuell unterschiedlicher Zusammensetzung. Auf mich bezogen kann ich nur sagen: Wenn man nicht wirklich das Ziel hat sich zu qualifizieren, durch innerliches Kopfschütteln und Unverständnis über das absurde Qualifikations-Reglement die Sache nicht wirklich ernst nimmt und daher nicht in der Lage ist voll konzentriert ans Werk zu gehen, sollte man es lieber lassen.

Anfang Juni machten Diddl und ich ein Seminar bei Hinky Nickels auf dem Platz vom AHK Rastatt. Abgesehen davon, daß es sowieso eine herrliche Sache ist, sich mit seinem Hund einmal zwei Tage lang - dosiert - mit nichts anderem zu beschäftigen als mit Agility, das Wetter gut und die Gruppe eine äußerst sympathische war, habe ich einige Erkenntnisse mitgenommen. Viel Gelegenheit sie bei den nächsten Turnieren umzusetzen hatte ich allerdings nicht mehr. Beginnend mit Reutlingen am 12.6. war ich bei den nächsten Turnieren zwar anwesend, aber krankheitshalber praktisch außer Gefecht.

Danach schlug das Pech bei uns aber dann in voller Härte zu. Bei Hank wurde nach langem hin und her Borreliose diagnostiziert. Seine Agility-Karriere war mit seinem letzten Turnier am 16. Mai daher abrupt beendet. In einem Alter von nun neun Jahren sicherlich zu verschmerzen, zumal er jetzt nach der langen Antibiose-Behandlung wieder symptomfrei ist. Obwohl wir Hank sicherlich keinen größeren Gefallen tun könnten, als mit ihm wieder Agility zu machen, wollen wir nach dieser Borreliose-Erkrankung nichts riskieren und ihn solchen Belastungen nicht mehr aussetzen.

Diddl brach sich Anfang Juli durch eine Verkettung unglücklicher Umstände das linke Hinterbein. Zwei Operationen und eine fast fünfmonatige Pause waren die Folge. Obwohl wir nach der langen Pause doch noch ein paar Turniere vor der VDH-DM laufen konnten, das erste davon in Thalfang beim Himmelberg-Cup, war der Trainingsrückstand und die fehlende Turnierpraxis bei mir einfach zu groß. Die Freude aber darüber, daß ihm von dieser Verletzung absolut nichts mehr anzumerken ist, überwiegt sowieso alles.

Wie schon bei der WM-Qualifikation blieben die Leistungen der 'Grantigen' bei dieser Deutschen Meisterschaft auch hinter den Erwartungen zurück. Bis auf Florian mit Lass waren alle anderen mit Fehlern oder Dis bereits nach dem ersten Tag aus dem Rennen. Florian, aussichtsreich auf Platz 3 nach dem ersten Tag, hatte wohl wie andere nicht die Nerven ... siehe oben.

Eine Vize-Meisterschaft gab es doch, wenn auch nicht im Agility. Andrea und Hope erreichten bei der Obedience-DM in Mariazell mit nur 0,75 Punkten Rückstand den zweiten Platz.

Dann gibt es ja jetzt die 'Grantigen' aus dem B-Wurf, die in diesem Jahr soweit waren, ab Juni in das Turniergeschehen eingreifen zu können. Viel kann man allerdings noch nicht sagen, weil die Hunde weit verstreut und wir äußerst selten auf den gleichen Turnieren sind. Die wenigen Male, wo wir zwei von ihnen auf Turnieren gesehen haben, nämlich Brak und Buzz, haben einen äußerst positiven Eindruck hinterlassen. Wie der A-Wurf zeigen sie auch außerordentliche Führigkeit bei hoher Grundgeschwindigkeit. Von meinem Eindruck her vielleicht sogar noch etwas schneller als der A-Wurf.

Mit Spannung gehen wir also in das Jahr 2005. Die Hunde aus dem A-Wurf sind dann vier Jahre alt, also ein Alter in dem sich hohe körperliche Leistungsfähigkeit bereits mit Routine paart. Was den B-Wurf betrifft müßten die Hunde dann eigentlich aus dem ersten, reinen Anfängerstadium heraus sein. Und da es der Kommission trotz intensivster Bemühungen immer noch nicht gelungen ist uns den Spaß am Agility zu nehmen, freuen wir uns wieder auf die kommende Saison.

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